Der Kontakt mit Menschen aus anderen Kulturen wird immer alltäglicher in fast allen Berufen. Dabei entstehen Konflikte.
Da sind die Verwaltungsangestellten, die bei unseren Seminaren von ihrer Frustration sprechen, wenn Flüchtlinge aus dem Nahen Osten darauf beharren, dass ihr Fall sofort bearbeitet wird, wenn sie einfach sitzen bleiben, obwohl sie doch einen neuen Termin bekommen haben, wenn sie ihre Familiengeschichte erzählen, obwohl das gar nichts mit dem Vorgang zu tun hat. Sie nehmen an, diese Antragsteller seien bockig und unverständig. Die Verständnisvollen vermuten Übersetzungsfehler.
Schon als wir die Geschichte zum ersten Mal hörten, mussten wir schmunzeln. Die Antragsteller waren nicht bockig. Sie verhielten sich nur genauso wie sie es von zu Hause gewöhnt waren, wie es dort auch Sinn macht und wie wir es selber, als wir dort arbeiteten, lernen mussten.
Um ihr Verhalten als vollkommen rational und gar nicht bösartig einzuordnen, muss man begreifen, wie Diktaturen funktionieren und welche Funktion Familien in den nahöstlichen Systemen einnehmen.
Fehlkommunikation entsteht meist aufgrund unterschiedlicher Erwartungen. Erwartungen und Verhaltensweisen sind durch politische und gesellschaftliche Bedingungen in den Herkunftsgesellschaften beeinflusst. Darum nimmt in unseren Workshops Wissen über die Herkunftsländer einen wichtigen Raum ein. Mit einem Mix aus Geschichte, aktuellen Fakten, Selbsterlebten und überraschenden Bildern machen wir unterschiedliche Erwartungen begreifbar. Ausgehend von konkreten Alltagsproblemen, die Ihnen mit Sicherheit schon begegnet sind, erklären wir welche politische Erfahrung, welche Moral oder welche familiären Strukturen dahinter stecken.
Mit dieser Methode lassen sich eine Vielzahl von Missverständnissen klären. Wir motivieren die Teilnehmer, weitere Alltagsprobleme anzugehen, indem sie nach Hintergründen forschen und damit qualifiziert ins offene Gespräch eintreten. Nur wer den anderen versteht, kann echte Beziehungen aufbauen und Konflikte konstruktiv austragen.
In Übungen werden Grundvoraussetzungen der interkulturellen Kommunikation erarbeitet und konkrete Problemfälle diskutiert. Dabei gehen wir insbesondere auf die manchmal schwierige Rolle von Frauen im Kontakt mit Männern aus patriarchal-geprägten Kulturen ein.
Dass interkulturelle Kommunikation auch eine Gratwanderung sein kann, wissen Hannah Wettig und Dr. Oliver Marc Piecha aus langer Erfahrung mit dem hochsensiblen Thema der weiblichen Genitalverstümmelung.